26.04.2017, Verloren gehen

Vorbereitung

Ich habe einen derart starken Druck im Bauch, dass ich Schmerzen habe. So starke Blähungen hatte ich noch nie in meinem Leben. Ich frage meine reguläre Therapeutin, die glücklicherweise wieder da ist, ob ich spontan einen Termin bekommen könne.
Da ich die Vermutung habe, dass Säure nochmals behandelt werden muss, bereite ich mich zuhause darauf vor.

Therapie

Ich erzähle meiner Therapeutin, dass ich vergangene Woche bei einer anderen Therapeutin war und was sie behandelt hat. Und dass ich einen extremen Druck im Bauch hätte, der sich bei leerem Magen eher verschlimmert. Meine Therapeutin testet mit dem kinesiologischen Muskeltest, was wir behandeln müssen. Eine Behandlung wiederholen? Nein. Etwas Neues? Ja. Eine Ampulle mit einem Allergen? Nein. Ein Gefühl? Ja. Das Gefühl mit einer Ampulle behandeln? Nein. Ein Vorkommnis aus meinem Leben behandeln ohne Ampulle? Ja.
Ich hatte mir letzte Woche vorgenommen, alle mehr oder weniger traumatischen Erlebnisse aufzuschreiben. Das Resultat: ein Kurzbeschrieb von etwa dreissig Ereignissen aus meinem Leben. Ein Ausdruck davon gebe ich meiner Therapeutin. Meine Therapeutin testet mit dem Muskeltest, welches Erlebnis behandelt werden muss. Mein Arm wird schwach bei „Verloren gehen in Singen, Deutschland“.
Es war ein Verwandtenbesuch. Mir war langweilig. Ich durfte ein Damenfahrrad ausleihen. Nach anfänglichem Hin- und Herfahren vor dem Haus, in dem meine Verwandten lebten, war auch das zu eintönig und ich kam auf die Idee, ich könnte um den Häuserblock fahren. Nachdem ich viermal abgebogen war, hätte ich eigentlich wieder am Ausgangsort sein müssen. Die Strassen verliefen wohl nicht im rechten Winkel und nicht parallel und so hatte ich mich schon verfahren. Ich fuhr weiter in der Hoffnung, das Haus meiner Verwandten doch noch zu finden. Meine Angst und Verzweiflung wuchs. Ich war erst etwa zehn. Und es wurde langsam dunkel. Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich mich total verfahren hatte. Ich begann zu weinen und hatte panische Angst. Ein Mann sprach mich an, ging mit mir in ein Restaurant und rief von dort die Polizei an. Ich hatte nämlich keine Ahnung, wie meine Verwandten mit Nachnamen hiessen und ihre Adresse wusste ich auch nicht. Die Polizei nahm mich mit auf den Posten. Dort kam mich meine Familie etwas später abholen. Sie hatten ebenfalls der Polizei angerufen, nachdem sie mich vor dem Haus nicht mehr fanden.
Meine Therapeutin bittet mich, ein paar Stichworte auf einen Zettel zu schreiben. Ich schreibe: Verloren gehen in Singen, Angst, Panik, Verzweiflung. Und noch das Wort Schuld, denn ich fühlte mich damals schuldig. Während der anschliessenden NAET Behandlung halte ich diesen Zettel in der linken Hand, die Fingerspitzen des rechten Daumens und Ringfingers aneinander gelegt berühren meine Stirne.
Ich bin sehr skeptisch, kann mir nicht vorstellen, dass diese Behandlung helfen soll und überlege mir schon, wann ich Zeit hätte für einen nächsten Behandlungstermin. Vielleicht noch in der selben Woche?

Karenz

Der Druck auf meinem Bauch lässt nach. Geht aber nicht ganz weg. Ich bin nach wie vor skeptisch. Ich habe leichtes Kopfweh, ab und zu gurgelt es in meinem Bauch, für kurze Zeit bekomme ich starke Ohrenschmerzen.

Nach der Karenz

Ich beobachte den Druck in meinem Bauch ganz genau und stelle mit Erstaunen fest, dass er weiter nachlässt. Immer noch ab und zu Ohrenschmerzen und leichtes Kopfweh. Neu spüre ich jeweils morgens einen starken Druck in meinen Oberschenkeln. Wie wenn ich PMS hätte.

Nun, drei Tage später, muss ich zugeben: es hat geholfen. Sehr gut geholfen. Ich habe zwar immer noch einen geblähten Bauch. Aber dieser eigenartige, starke und schmerzende Druck ist weg. Ich bin baff.
Meine Therapeutin hat übrigens während der Therapiestunde etwas verlegen lachend gemeint, sie hätte schon lange darauf gewartet, dass wir Emotionen behandeln müssten.
Bis jetzt habe ich mein ganzes Leben lang nicht viel von Psychosomatik gehalten. Immer wenn die Ursache einer Krankheit unbekannt ist, holen ÄrztInnen und TherapeutInnen die Psychosomatik hervor. Oder früher die Hysterie. Und schicken einem womöglich in die Psychotherapie. Die dann meistens auch nicht wirklich hilft. Hingegen glaube ich, dass es sehr wohl einen Zusammenhang gibt zwischen Gefühlen und Krankheiten. Auf der Stoffwechselebene. Ich habe in meinem Leben schon oft erfahren, wie starke Gefühle einem erschöpfen können und entsprechend im Körper Nährstoffe verbrauchen. Was dann indirekt zu Beschwerden führen kann.
Die NAET Methode bringt nun meine bisherige Auffassung ins Wanken. Vergangene Traumata, Verletzungen und Erfahrungen scheinen auf einer energetischen Ebene über Jahrzehnte bestehen zu bleiben. Durch NAET scheint eine Art Aktivierung möglich. Vergangene Erlebnisse melden sich mittels körperlicher und/oder psychischer Beschwerden, machen auf sich aufmerksam und können behandelt werden.
Schon oft habe ich mit verschiedenen Menschen über mein Verloren gehen in Singen gesprochen. Reden hilft, sagt man. Doch scheint mein Reden diese für mich nicht sichtbare energetische Ebene nicht erreicht zu haben.
Wenn mir im Leben etwas Neues und Unbekanntes widerfährt, versuche ich Erklärungen dafür zu finden. Was ich nun mit NAET erlebt habe, kann ich im Moment nicht einordnen oder erklären. Was mich verunsichert aber auch neugierig macht. Werden noch weitere Erlebnisse aus meinem Leben behandelt werden müssen?